Gefährliche Spekulation: Wie der Druck auf Mieter:innen wächst

Gewerbliche Investoren zielen auf Profit – und drängen Mieter:innen von Wiener Altbauhäusern zunehmend mit illegal überhöhten Mieten aus ihren Wohnungen. Die Arbeiterkammer nimmt die Situation unter die Lupe und bietet seit 2024 ein neues Service an.

Seit dem Jahr 2000 sind die Preise für Altbauhäuser in Wien um mehr als 500 Prozent gestiegen. Was nach Immobilienboom klingt, bedeutet für viele vor allem: Druck, Angst, Verdrängung. Besonders hart trifft das Mieter:innen mit alten und unbefristeten Mietverträgen. Sie stehen der Rendite von gewerblichen Vermieter:innen im Weg und werden darum aus ihren Wohnungen gedrängt. Eine aktuelle Studie der TU Wien, beauftragt von der Arbeiterkammer (AK), zeigt was es für Mieter:innen bedeutet, wenn ein Zinshaus im Durchschnitt 3,5 Millionen Euro kostet und welche Konsequenzen das für die Stadt und ihre Bewohner:innen hat.

Das Aussterben des Wiener Hausherrn

Illegale Kündigungen, drastische Mietenerhöhungen oder Reparaturen, die bewusst unterlassen werden, um Wohnungen unbewohnbar zu machen: Für viele Mieter:innen ist das bittere Realität. Hintergrund all dessen ist ein Immobilienmarkt, der längst außer Kontrolle geraten ist – und gewerbliche Investor:innen, die vor allem den Profit vor Augen haben.

 Auf einem überhitzten Markt explodieren die Preise, und das Gebäude muss erst refinanziert werden.  Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen

Simulationsschulungen

In der Pressekonferenz der AK am 5. Mai 2025 erklärte Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen: „Auf einem überhitzten Markt explodieren die Preise, und das Gebäude muss erst refinanziert werden. Die Strategie ist dann häufig: Die Mieter:innen müssen raus. Der klassische Wiener Hausherr stirbt aus.“ Rund 70 Prozent der Käufe seit dem Jahr 2000 wurden von gewerblichen Investor:innen getätigt.

Angst unter Mieter:innen

„Mieter:innen mit alten, unbefristeten Verträgen stehen aus Sicht der Käufer:innen den Renditen im Weg“, erklärt Mara Verlič von der AK Wien. „Deshalb wird Druck auf sie ausgeübt – damit sie freiwillig ausziehen.“ Dieser Druck kann unterschiedlich aussehen: durch eine zunehmend ungemütliche Wohnsituation, den Abbau von Sicherheitsmaßnahmen oder das bewusste Unterlassen notwendiger Reparaturen oder durch Mieterhöhungen sollen Mieter:innen aus ihren Wohnungen vertrieben werden.

Forderungen der Arbeiterkammer

Die AK fordert ein modernes und transparentes Mietrecht, das spekulativen Geschäftsmodellen einen Riegel vorschiebt und insbesondere bei Mieterhöhungen Schutz bietet. Dies wird im Regierungsprogramm nicht berücksichtigt. Thomas Ritt sagt dazu: „Derzeit dürfen Investitionen ins Gebäude über zehn Jahre auf die Miete umgelegt werden. Bei einer neuen Dacheindeckung kann das die Miete massiv erhöhen. Wir fordern deshalb einen Berechnungszeitraum von 20 Jahren für langfristige Investitionen.“

Ein weiteres Problem sei die Befristung von Mietverträgen. Viele scheuen sich, sich gegen unrechtmäßige Mieterhöhungen zu wehren. Auch hier sieht die Arbeiterkammer dringenden Handlungsbedarf.

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